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PrEP bzw. Präexpositionsprophylaxe (Artikel von Mike Gorden)

PrEP bzw. Präexpositionsprophylaxe

bezeichnet die vorbeugende Einnahme eines Medikaments gegen eine Krankheit, bevor man sich bewußt in eine Situation begibt, in der man sich mit eben dieser Krankheit anstecken kann. Für einen Seuchenarzt in einem Malariagebiet ist das eine geniale Lösung.

Begrenzten Sinn macht diese Präventivmaßnahme auch in der HIV Prävention. Allerdings ist eine vorbeugende Therapie derzeit nicht sicherer als die konsequente Einhaltung der Safer Sex Regeln[1]. Daher stellt die PrEP auch keine grundsätzliche Verbesserung in der HIV-Prophylaxe dar, sondern lediglich eine weitere Säule in der Prävention.

Es geht bei der Idee dieser HIV-PrEP nicht darum, Barebacking hoffähig zu machen. Sie ist aber eine Möglichkeit, um sich als sexuell aktive Person bestmöglich und selbstbestimmt vor einer Ansteckung durch HIV zu schützen. Mehr kann und soll sie nicht leisten. Sie ersetzt nicht die persönliche Auseinandersetzung mit der Problematik. Sie sollte außerdem nur unter ärztlicher Begleitung und in Kombination mit regelmäßigen medizinischen Checks auf Nebenwirkungen der Medikamente und eventuelle Infektionen mit anderen sexuell übertragbaren Keimen erfolgen. Sie ist zudem auf Dauer angelegt, d.h. die Tabletten müssen regelmäßig über einen längeren Zeitraum genommen werden, um zu wirken und sie kosten Geld.

Der Umgang mit diesem Thema kann heikel sein. Wenn eine Plattform hier (vielleicht aus Personalmangel) nur Informationen breitest möglich über das Internet verteilt, suggeriert sie den Empfängern der Information möglicherweise eine Sicherheit, die es nicht gibt und nicht geben kann. Man muß mit jedem Betroffenen intensiv reden und ihm die Konsequenzen seiner Handlungen klar machen. Jeder, der diese Informationen unreflektiert aufnimmt und als Freibrief auffaßt (à la »PrEP ist wie eine Kopfschmerztablette, die man mal zum Ficken nimmt und alles ist gut.«), gefährdet sich und andere!

Meine Sorge ist, daß eine unzureichende Aufklärung des betroffenen Personenkreises über die Möglichkeiten und Grenzen einer PrEP das Grundproblem sexuell übertragbarer Krankheiten nicht löst, sondern verschlimmert. Es gibt genügend dieser Krankheiten, gegen die man sich nicht mit einer PrEP schützen kann und die sich im Gefolge der PrEP in der Szene mittlerweile wieder stark ausgebreitet haben.[5] Von den körperlichen Nebenwirkungen der verwendeten Wirkstoffe und der mit einem flächendeckenden Einsatz der PrEP provozierten Verbreitung truvadaresistenter HIV-Stämme (ja, die gibt’s!) einmal ganz abgesehen[2, 4].

Antibiotika waren einmal eine wirksame Waffe gegen Infektionskrankheiten. Solange, bis die Leute anfingen, sie an ihr Vieh zu verfüttern. Die HIV-Prophylaxe könnte leicht einen ähnlichen Verlauf nehmen, wenn man damit weitermacht, retrovirale Medikamente flächendeckend und ohne eine präzise Kontrolle einzusetzen. Es gibt mittlerweile resistente Stämme gegen alle gängigen HIV-Medikamente. In Konsequenz dessen könnte es in der HIV Therapie zu einer ähnlichen Situation kommen, wie sie bei der Bekämpfung herkömmlicher Infektionskrankheiten mit Antibiotika bereits traurige Realität ist. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Wirkstoffklassen (bei Antibiotika sind seit Jahrzehnten keine neuen mehr entdeckt worden) und das Auftreten multiresistenter Erreger ist heute ein zentrales Problem in der Therapie.[3]

Noch wirken die zur Verfügung stehenden Wirkstoffklassen in der HIV Therapie (zumindest als Kombinationspräparat) zuverlässig (sofern man sie verträgt). Durch die PrEP werden aber die zentralen Waffen in der HIV Therapie, nämlich retrovirale Medikamente, stumpf gemacht! Wir können nur hoffen, daß die Konsequenzen beherrschbar bleiben.

Ich persönlich finde: Eine PrEP ersetzt keinen Safer Sex. Sie ergänzt ihn nur. Und ich meine: Solange wir nicht jedem einzelnen im persönlichen Gespräch sagen, worauf er sich mit einer vorbeugenden Therapie einläßt (s.o.), schicken wir ihn in eine Grauzone, in der er höllisch aufpassen muß, um sich nicht strafbar zu machen.[2]

Auch wenn sich in den letzten Jahren da medikamentös einiges getan hat, ändert das nichts an der Aktualität dieses Artikels.


Quellen:
1) Wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/Präexpositionsprophylaxe
2) IwwIt.de – http://www.iwwit.de/blog/2016/03/hiv-trotz-prep-interview/
3) Wikipedia – https://de.wikipedia.org/wiki/Antibiotikum
4) Out.com – https://www.out.com/news-opinion/2018/10/09/sixth-case-man-contracting-hiv-while-adhering-prep-confirmed
5) Deutschlandfunk Kultur: https://www.deutschlandfunkkultur.de/geschlechtskrankheiten-die-rueckkehr-von-syphilis-und.976.de.html?dram:article_id=418123


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